Stockholm
Veröffentlicht am 03.08.2018 in der Kategorie Sexgeschichten 13. Oktober 2023Du gehst durch die Straßen, die du so lang nicht mehr betreten hast. Menschenleere Straßen in dieser kalten, regnerischen Stunde kurz vor Morgengrauen. Nebel vom nahe gelegenen Fluß greift mit klammen Fingern nach dem Asphalt, den parkenden Fahrzeugen und deinen Knöcheln, doch du bemerkst es nicht, fröstelst nicht.
Seltsam, wenn man bedenkt dass du nicht dem Wetter entsprechend gekleidet bist, in deinem dünnen, fadenscheinigen Kleidchen, den an dir irgendwie unpassend wirkenden Slippern, die dir 5 Nummern zu groß sind und dem alten, buntgestreiften Schal um deinen Hals, den du seit damals schon besitzt.
Eines der wenigen Dinge, die die Zeit überdauert haben, dir nicht genommen wurden.
Zögernd setzt du einen Fuß vor den anderen, die unbekannte Weite, der offene Nachthimmel über dir machen dir noch zu schaffen. Du legst den Kopf in den Nacken, und schließt die Augen.. teils weil dir schwindlig wird, teils um die Kälte auf den Wangen zu spüren. In tiefen Atemzügen saugst du die kalte, klare Luft in dich ein, genießt die schneidende Kälte auf der Haut.
Schneidend… deine Gedanken driften ab. Du öffnest die Augen, siehst und siehst doch nicht. Den Blick in die Vergangenheit gerichtet, siehst du dich auf eben dieser Straße, leise summend auf dem Rückweg von einer Feierlichkeit. Damals gingst du unsicher, weil der Alkohol in deinem Blut die Bewegungen beeinträchtigte. Die Bilder in deinem Kopf kommen nun klarer, und in beängstigender Reihenfolge, mit viel mehr Details als du damals wahrzunehmen in der Lage warst.
Das Klicken einer Autotür neben dir, das Glänzen der Regentropfen auf dem dunklen Lack des Fahrzeugs. Der Mann, der dich mit sanfter kultivierter Stimme fragte, ob du ihm im Straßenplan den richtigen Weg zeigen könntest.
In deiner kleinen hellen Welt gab es den schwarzen Mann nur in dem Märchen deiner Großeltern, hilfsbereit hast du in die Karte geschaut, dich im schwachen Licht der Straßenlaternen darüber gebeugt, und nicht weiter beachtet, wie er hinter dich trat um in den Wagen zu greifen.
Selbst als er dir den Baumwollsack über den Kopf stülpte und zuzog, der Zugverschluß des Sacks tief in deine Kehle einschnitt, so dass dir röchelnd die Luft wegblieb und du krampfhaft um Atem ringen musstest, glaubtest du noch an eine Folge des Alkohols.
Du schüttelst dich kurz, wieder im hier und jetzt, schaust dich verwirrt um. Nein, es ist nicht die gleiche Stelle, hier ist ES nicht passiert. Noch nicht, noch ein Stückchen weiter. Du beginnst, dich zu fragen was du hier eigentlich tust. Sollte dein Ziel nicht ein anderer Ort sein? Einer mit Licht, Wärme, und Menschen bei denen du in Sicherheit bist?
Das Trommeln der Regentropfen vermischt sich mit deinem schnellen Herzschlag, du fühlst jedes Pochen wie einen Hammerschlag in deiner Brust. Ein paar Häuser hinter dir zieht ein Anwohner den Außenrollo hoch, du erschrickst bei diesem reißenden Geräusch.
Reißend. Wie das Geräusch, das du als erstes hörtest während du damals um Luft rangst, paralysiert herauszufinden versuchtest was dir Licht und Luft nahm. Als nächstes ein brutaler Ruck an deinem Arm, der die die Hand auf den Rücken drehte, ein kühles klebriges Gefühl auf der Haut.
Dein Stöhnen klang gedämpft durch den Sack, selbst in deinen Ohren, als dein anderer Arm genau so rücksichtslos nach hinten gezwungen wurde, dem anderen entgegen. Wieder das reißende Geräusch, und in diesem Moment wusstest du. es handelte sich um das charakteristische Geräusch von Klebeband, das schnell von einer Rolle gelöst wird.
Du kannst dich nicht erinnern wie oft du dieses Geräusch seitdem gehört hast – und wann du angefangen hast, dich daran zu gewöhnen und IHM deine aneinander gedrückten Handgelenke hin zu halten. Unwillkürlich geht ein Schauer durch deinen Körper, du schlingst die Arme um dich, auch wenn dir eigentlich nicht kalt ist. Undeutlich geistert die Frage durch deinen Kopf: Wie konnte es soweit kommen?
Die Erinnerungen formen immer neue Bilder vor deinem inneren Auge, sie überschwemmen Sicht und Verstand. Leise stöhnend gehst du in die Knie. Kaltes Metall auf deiner Haut, die endlosen Tage und Nächte, blind und bewegungslos, allein und frierend in einer dunklen Ecke. Die Erlösung,wenn ER wortlos einzelne Gliedmaßen befreite, um durch sanftes Massieren die Blutzufuhr wieder anzuregen. Kaltes Metall an deinen Lippen, sicheres Zeichen für die ach so notwendige Nahrungsaufnahme.
Dann, nach gefühlten Ewigkeiten, das erste Mal wieder Licht. Eine schwache Lampe in einer Ecke zwar, aber immerhin wieder Licht. Und das Gesicht des Menschen, der dich in diese Situation brachte. Nicht abstoßend oder unfreundlich, interessiert und abwartend schauend.
Dein Blick, das weißt du noch, glitt damals zu seinen Händen. dem einzigen, dessen du dir in deiner Blindheit wirklich sicher sein konntest. Dir war bewusst, du bist auf ihn angewiesen, dein Leben hängt von ihm ab. Dennoch stand vor dir dein schlimmster Feind.
Die Nässe an deinen Knien bringt dich in die Realität zurück. Mit weichen Knien stehst du auf und gehst langsam weiter. Du achtest jetzt mehr auf deine Umgebung, und dir fällt auf, was du vorher in all der Aufregung nicht beachtet hast. Du siehst die veränderten Geschäftsschilder, die Häuser sind teilweise anders gestrichen. `Ja´, denkst du, `es sind jetzt 5 Jahre vergangen´.
Du trittst an eines der Schaufenster heran, es handelt sich um einen Gebrauchtwarenladen. hier werden Gegenstände aus Haushaltsauflösungen verkauft. Du fragst dich, was man wohl mit deinem Haushalt gemacht hat.
Hat man alles eingelagert, in der Hoffnung du kehrst zurück? Oder wurden deine Sachen genau so verkauft wie diese hier, und gehören jetzt anderen Menschen? So wie du bis heute Abend jemandes Eigentum warst?
Tief in dir spürst du einen Anflug von Schmerz. Nicht wirklich stark, aber dennoch vorhanden. Du versucht, Hass zu empfinden, Zorn. Jenes Gefühl, das dich die anfänglichen Grausamkeiten, die Erniedrigungen und die ungewollten Annäherungen ertragen ließ. Wann genau ging es verloren? Du weißt es nicht mehr.
Eine Reflektion in der Scheibe lässt dich zusammenfahren, du wirbelst angsterfüllt herum angesichts des sich schnell bewegenden großen Schattens und rennst los, ohne nachzudenken, ohne auf die besorgten Rufe in deinem Rücken zu achten. Beim rennen verlierst du einen der Slipper, nur kurz denkst du nach was ER wohl sagen wird, wenn er feststellt, dass du seine Schuhe genommen hast.
Nach wenigen hundert Metern bist du außer Atem und drückst dich in eine Seitengasse. Zitternd und schluchzend sinkst du an der nassen Hausmauer entlang nach unten. Dein Körper schüttelt sich unkontrolliert, während du versucht die Fassung wieder zu gewinnen, die Wellen der Panik nieder zu kämpfen.
Die Welt, nach der du dich so sehr gesehnt hast scheint mit einem Mal feindselig und fremd zu sein – du willst nur weg, zu Licht, Wärme und etwas, das dir Halt geben kann.
Du schaust nicht auf, als du auf der Hauptstraße das sanfte Schnurren eines sehr langsam fahrenden Fahrzeugs hörst, auch nicht als das Geräusch plötzlich endet und ein leises Klicken von jemandem kündet, der eine Autotür öffnet.
Langsam nähern sich Schritte deiner Position, und je näher sie kommen um so ruhiger schlägt dein Herz.
Ein zweiter Körper, du kannst seine Wärme spüren – obwohl er dich nicht berührt, ganz nah bei dir. Hände nehmen dich an den Schultern und ziehen dich hoch, nicht grob aber auch nicht sanft. Mit bestimmtem Druck wirst du Richtung der offenen Autotür geschoben.
Ein letztes Mal leistest du sachten Widerstand und versuchst, dich seinem Griff zu entwinden. In dem Moment schließen sich mit sachtem Klicken die Handschellen um deine Handgelenke.
[…]
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